Warum souveräne Führung auf Unendlichkeit setzt - DierkeHouben
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„Nach dem Spiel ist wirklich vor dem Spiel“ – warum souveräne Führung auf Unendlichkeit setzt

„Führen lernen, heisst siegen lernen. Heisst: mit starker Hand agieren. Verletzlichkeit oder Fehler haben auf den Führungsetagen nichts zu suchen. Denn diese sind ein Zeichen von Schwäche. Sie sind der Bodensatz, aus dem Niederlagen entstehen …“ 

Sie ahnen es schon: Eine solche Haltung entspricht so gar nicht unserem Verständnis von souveräner Führung. Wer Fehler und Niederlagen als Schwäche ansieht, dessen Führungsstil ist gleich von mehreren Mythen kontaminiert: dem Mythos der starken Hand, dem Sieger-Mythos. Welcher Umgang mit Fehlern oder Niederlagen für uns ganz wesentlich für souveräne Führung ist – genau darüber möchten wir heute reflektieren.

Eine Niederlage ist kein Scheitern

Der Umgang mit Niederlagen in der Führung hat sich geändert – das sollte man meinen: Denn kaum eine unternehmerische Erfolgsgeschichte kommt heute ohne das Lob des Scheiterns aus. „Fail often, fail early, fail cheap …“ – Scheitern wird zu einer elementaren Triebfeder des Erfolgs stilisiert. Doch leider zeigt die Realität im Führungs-Alltag immer noch ein anderes Bild: Scheitern wird viel zu häufig als Schwäche, als Niederlage angesehen. Wir könnten uns hier alle tatsächlich Jürgen Klopp als Vorbild nehmen, der gerade in seinem Umgang mit Niederlagen souveräne Führung par excellence vorlebt. 

Für Klopp ist eine Niederlage eine ‚Information‘. Ein schlechtes Ergebnis sieht er als Lernaufgabe. Und das ist kein Lippenbekenntnis, kein lifestyliges Lob des Scheiterns. Bei Klopp ist das gelebte Führungshaltung, die auf seinem Verständnis von Führung als ‚unendlichem Spiel‘ basiert.

Runde um Runde dazu lernen

Eigentlich ist ein Fussballspiel ja ein klassisches Beispiel für ein ‚endliches Spiel‘: Es hat den Sieg eines Teams zum Ziel, alle Spieler sind bekannt, es gibt einen klar definierten Beginn und ein Ende. Es beruht auf starren Regeln, die während des Spiels nicht verändert werden. 

Jürgen Klopp aber agiert in seinem persönlichen Führungsspiel ganz anders: Für ihn gibt es keine starren Regeln, keine „Ziellinie“, er rechnet immer mit dem Unvorhersehbaren, der Komplexität. Er sieht sein Handeln und Führen nicht begrenzt durch ein einzelnes Spiel – sondern er hat ein unendliches Spiel im Blick, in dem jedes einzelne nur eine Runde ist. Runde um Runde im Spiel bleiben – möglichst lange, möglichst erfolgreich. Das ist der Kern dieser Haltung.

Für Klopp gilt die tiefe Wahrheit von Sepp Herbergers berühmtem Satz in ganz besonderer Weise: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“. Das lebt er in seinem Führungsstil in Reinkultur vor – er spielt ein unendliches Spiel und in einem solchen Spiel ist Scheitern eben keine Niederlage, sondern eine Steilvorlage fürs Lernen.

Klopp spielt auf lange Sicht – und deshalb sorgt er für etwas, was wir als wesentlich für erfolgreiches Führen ansehen: für psychologische Sicherheit.

Mit Sicherheit führen

„Ich habe nach der Niederlage nicht allzu sehr gelitten. Ich habe die Niederlage als Information genommen, die wir alle nutzen können, um weiterzumachen“, so Klopp. Und diese Haltung verengt eine Niederlage nie auf Kritik an bestimmten Spielern, sondern zahlt immer auf den Gedanken ein: ,Was können wir gemeinsam daraus lernen?‘

Genau diese Reaktion zeigte er auch nach einem miserablen Saison-Auftakt, als sein FC Liverpool gegen Manchester United eine bittere Niederlage einstecken musste: „Das war kein Katastrophenspiel von uns, wir haben einen Haufen richtig gutes Zeug auf den Platz gebracht. Das, was am meisten weh tut, ist das Ergebnis – und damit müssen wir jetzt umgehen.“ Den produktiven Umgang mit Niederlagen oder Fehlern konsistent vorleben, darum geht es: Niederlagen als Information zum Lernen begreifen und damit eine Atmosphäre der Entwicklung, nicht der Angst zu schaffen!

Souveräne Führung à la Klopp geschieht auf Augenhöhe. Sie ist geduldig und gesteht Fehler zu. Ein solcher Führungsstil, der sich an einem unendlichen Spiel anlehnt, ermöglicht Entwicklung. Er schafft im besten Sinne psychologische Sicherheit, eine Teamkultur, in der sich jeder sicher fühlt, nicht abgekanzelt wird, offen sprechen und sich weiterentwickeln kann. Führen heisst Sicherheit geben.

Anke Houben & Kai Dierke

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