Führungskraft, Leadership, Kompetenz, Mythos, Konzerne, Unternehmen
DierkeHouben Insights

Warum Helden nicht zur Führungskraft taugen

Antarktis, Oktober 1911. Zwei Männer mit ihren Teams treffen an unterschiedlichen Orten die letzten Vorbereitungen. Sie haben dasselbe Ziel: Sie wollen als erste Menschen in der modernen Geschichte den Südpol erreichen – der britische Marineoffizier Robert Falcon Scott und der norwegische Polarforscher Roald Amundsen. 

Der eine wird erfolgreich sein und mit allen seinen Männern zurückkehren, der andere wird scheitern und mitsamt seiner Crew sterben. Dasselbe Jahr, die gleichen Bedingungen, dasselbe Ziel – und trotzdem solch ein dramatischer Unterschied im Ergebnis. 

Was machte den Unterschied aus? 

Führungskraft im Bann des Helden-Mythos

Wenn Sie die beiden Führungspersönlichkeiten vergleichen, stellen Sie schnell fest: Die beiden hätten in Einstellungen und Verhaltensweisen verschiedener nicht sein können, denn einer der beiden stand unter dem Bann des Helden-Mythos. 

Diese Diagnose haben wir in unserem Buch „Die 7 Mythen der Führung“ an historischen Fakten festgemacht. Scott zeigte alle klassischen Kennzeichen eines Führers im Helden-Modus. Eines der entscheidendsten: Scott glaubte, es besser zu wissen.

Er überschätzte konsequent seine eigene Erfahrung und sein eigenes Wissen. Ein Phänomen, das auch uns in unserer Arbeit mit Führungskräften immer wieder begegnet.

Selbstüberschätzung als Segen

Wenn Sie tagtäglich Entscheidungen von so erheblicher Tragweite treffen müssen, wie es an der Spitze von großen Unternehmen und Institutionen üblich ist, dann brauchen Sie ein großes Selbstbewusstsein – ja, Sie brauchen sogar ein gewisses Maß an Selbstüberschätzung. Sie brauchen eine Portion Hybris, um davon überzeugt zu sein, dass Sie Ihr Unternehmen schärfster Wettbewerbslage, trotz all der Widrigkeiten in eine gute Zukunft führen können. 

In diesem Sinne ist der menschliche Hang zur Selbstüberschätzung einfach großartig: Sonst würde keiner auf die Idee kommen, ein neues Unternehmen zu gründen, sich für den Weltfrieden einzusetzen oder an Plänen für eine Marserkundung zu arbeiten. Wir wären eine stagnierende Gesellschaft von Mutlosen und Zauderern.

Aber: Gerade in der Druckkammer des Managements kann diese Hybris schnell in eine ungesunde Form der Selbstüberschätzung kippen. Von den Folgen können Sie dann in der Zeitung lesen …

Selbstüberschätzung als Fluch 

Eine Fehleinschätzung der eigenen Performance und Möglichkeiten, sagt Verhaltensökonom Peter Schwardmann, ist der Grund dafür, dass Manager sich schnell verkalkulieren. Vor allem bei riskanten Zusammenschlüssen von Unternehmen setzen die Verantwortlichen durch übermäßiges Selbstbewusstsein enorme Summen aufs Spiel. Und gescheiterte Firmen-Übernahmen erklärt der US-Psychologe und Nobelpreis-Träger Daniel Kahneman mit seiner „Hybris-Hypothese“: Demnach sind die Führungskräfte der Käufer-Unternehmen schlichtweg deutlich weniger kompetent, als sie zu sein glauben. 

Häufig stehen dann schlagzeilenträchtige Fehleinschätzungen und Namen wie Rupert Stadler oder Thomas Middelhoff im Fokus der Medien. Aber dies sind nur besonders negative Ausschläge in einem Hochfrequenz-System. Der Helden-Mythos ist viel weiter verbreitet, als die meisten glauben. Er zeigt sich in den unzähligen Fällen, die es nicht in die Schlagzeilen schaffen.

Selbstüberschätzung als Dauerzustand 

Wenn Manager den Erfolg der Produkteinführung am Markt überschätzen, marktreife Innovationen fehleinschätzen oder die Qualität ihrer eigenen Führungsarbeit überhöhen, dann wäre es an der Zeit, dass sie sich selbst und ihre Einschätzungen hinterfragen. Doch genau das verhindert der Helden-Mythos, denn: Ein Held macht keine Fehler. 

Wenn etwas schief läuft, dann haben die anderen schuld – die Mitarbeiter, die Kunden, der „Markt“, die Umstände. Und so würden wir die Hypothese wagen: Könnten wir heute Robert Falcon Scott fragen, warum seine letzte Antarktis-Expedition im Fiasko endete, würde er die Fehler nicht bei sich suchen. Sondern vielleicht bei seinem Team. Der Ausrüstung. Dem Wetter. Den ungünstigen Umständen …

Was diese Haltung für die Führungsarbeit bedeutet, können Sie sich vorstellen: Manager im Helden-Mythos entwickeln sich nicht weiter. Sie stecken fest und richten weiterhin Schaden an …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Sie müssen den Bedingungen zustimmen, um fortzufahren.

Vorheriger Beitrag
Are you aware of your Leadership Shadow?
Nächster Beitrag
Der Höchstleister-Quantensprung in der Führungskräfteentwicklung
Menü