Die Welt der Wirtschaft ist heute komplexer denn je. Der technische Fortschritt und die zunehmende Vernetzung der Welt, die Digitalisierung und die Globalisierung verändern das Arbeiten für Manager und Führungskräfte auf extreme Weise – und diese Veränderungen finden in immer rasanterem Tempo statt. Und so fühlen sich die Entscheider unserer Welt wie in einer „Druckkammer des Gegenwärtigen“: Die Aufgaben des Heute, die kurzfristigen Herausforderungen des Aktuellen, welche immer schneller anbranden, nehmen die Führungskräfte ganz in Anspruch – kein Wunder, dass sie sich selbst als Bollwerk gegen die disruptiven Zumutungen der Welt verstehen.
Heldenhafte Führungskräfte
Wer diese immer komplexeren Herausforderungen ad-hoc managt und Lösungen bietet, handelt tatsächlich in gewisser Weise heldenhaft: Weil er es schafft, das, was dringend erscheint, zu regeln – sich mit breiter Brust in die Flut stellt. Das werden Sie oft in den letzten Monaten gesehen haben, seitdem ein Virus das Veränderungstempo der Welt bestimmt. Das erleben Sie aber auch im ganz normalen Unternehmensalltag.
Die Konzentration auf das Heute erzeugt eine gewisse Sicherheit, weil dadurch die Komplexität scheinbar verringert wird. Manager im Ad-hoc-Modus fokussieren ihre Aufmerksamkeit eben auf das, was gerade als dringend und notwendig angesehen wird.
Und Führungskräfte, welche diese Konzentration besonders gut hinbekommen, werden aufs Podest gehoben (wie ein Kasper Rorsted, der es wegen seines erfolgreichen Fokus auf kurzfristige Ziele zum „Manager des Jahres“ gebracht hat).
Dieser Ad-hoc Modus bestärkt viele Manager im Selbstbild des „Machers“. Daher ist es gut nachvollziehbar, dass diese Konzentration aufs Heute auch den Entscheidern selbst ein gutes Gefühl gibt.
Die Erleichterung des Ad-hoc-Managers
Das Bewältigen des Aktuellen erzeugt eine psychologische Erleichterung: „Ich packe an, was heute nötig ist!“ Und in der Tat tun die Führungskräfte von heute heute unglaublich viel. Sie managen voller Verantwortung und mit höchstem Engagement.
Doch die Sache hat einen Haken: Konfrontiert mit einer überwältigenden Komplexität und konkurrierenden Interessen fokussieren die meisten Manager auf ein klares, eindeutiges Ziel, dem sich alles unterzuordnen hat: die Steigerung des Gewinns. Sie beschränken sich auf ein „Fahren auf Sicht“ und bewegen sich ausschließlich im Raum des pragmatisch Machbaren.
Wenn Sie sich als Führungskraft allein als Ad-hoc-Manager verstehen, als Gegenwartsmanager, dann opfern Sie – wie so viele Top-Manager – das Morgen auf dem Altar des Heute.
Der Fall von Kaspar Rorsted ist hier ein treffend illustrierendes Extrembeispiel, weil sein nur auf kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichtetes Handeln die Zukunft von Unternehmen gefährdet.
Und schon schwindet die Erleichterung …
Die Selbstwirksamkeitsillusion unserer Führungskräfte
Erkennen Sie, dass Ihnen der ausschließliche Fokus auf die Probleme von Heute die Möglichkeiten von Morgen verstellt, dann sehen Sie, dass Sie bislang einer Selbstwirksamkeitsillusion erlegen sind. Sie haben zwar Ihre Ziele erreicht – jedoch nur kurzfristige. Was Sie getan haben, war ein Managen. Die wahren Ziele von Führungskräften aber liegen in der Zukunft.
Und wenn unsere Führungskräfte das vergessen, dann haben Wirtschaft und Politik ein Problem. Dann werden auf Kosten von notwendiger Innovation, von Nachhaltigkeit und grundlegenden Veränderungen, um in einer disruptiven Welt klarzukommen, wichtige Budgets gekürzt und nur kurzfristige Gewinne eingefahren …
Wir möchten die Führungskräfte, die sich aus dieser Selbstwirksamkeitsillusion befreien wollen, unterstützen. Weil wir Menschen in Führungsverantwortung mit einer anderen Haltung brauchen, um strategisch in die Zukunft zu gehen. Und seien Sie nicht enttäuscht: Sie werden nicht als Helden wahrgenommen werden. Denn was Sie tun, ist weniger sichtbar als das Lösen von kurzfristigen Problemen. Sie beschäftigen sich mit Fragen der Zukunft, und diese sind generell komplexer, uneindeutiger, unsicherer … Nicht gerade der Stoff, aus dem populäre Helden gemacht werden. Aber: der Stoff aus dem mutige, souverän agierende Führungskräfte gemacht werden. Und die brauchen wir heute mehr denn je.