Blog Toxische Führung - DierkeHouben
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Toxische Führung und Alphamanager – Rückkehr der Machtspiele?

Toxische Führung ist zurück – sichtbar, laut, selbstbewusst: Ein öffentlich inszeniertes Machtspiel zwischen einem US-Präsidenten und einem Staatsgast. Eine Demütigung, so roh, dass sie fast schon choreografiert scheint. Donald Trump, in seiner zweiten Amtszeit, stellt vor laufenden Kameras nicht nur seine Macht zur Schau, sondern praktiziert – unverhüllt und beinahe genüsslich – das, was Barbara Kellerman als „Bad Leadership“ bezeichnet: autoritär, rigide, gefühllos, manipulativ. Und das ist kein Einzelfall.

Vielmehr scheint sich etwas Grundsätzliches zu verschieben: Ein „Vibe Shift“, wie der Historiker Timothy Snyder von der Yale University es nennt, ein tiefgreifender Wandel der Atmosphäre, des kulturellen Klimas. Genau deshalb hat Snyder sich entschlossen, künftig in Kanada zu lehren und zu forschen – und den USA den Rücken zu kehren.

Was früher als inakzeptabel galt, wird von vielen plötzlich als durchsetzungsstark bewundert. Das betrifft nicht nur Demokratien – die Befürchtung ist: es betrifft auch Führungsmodelle in Unternehmen.

Führung als Spiegel einer toxischen Machtkultur

Was wäre, wenn Prinzipien wie partizipative Führung, psychologische Sicherheit oder Empathie als „wokes Gedöns“ abgetan werden – und stattdessen wieder das Recht des Stärkeren gilt? Das sollte uns hellhörig machen und führt zu einer unbequemen Frage: War moderne, menschenorientierte Führung vielleicht nur eine Modeerscheinung? Ein „Management-Fad“, der von alten Mustern verdrängt wird, sobald es unbequem wird? Wenn der Historiker Egon Flaig recht hat, dann gilt auch für Führungsprinzipien: Nichts ist unverlierbar.

Was bedeutet das für Führungskräfte von heute, die zwischen partizipativer Idealkultur und realpolitischer Machtpraxis navigieren müssen? Ein genauerer Blick zeigt: Es ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Und gefährlicher.

Alphamanager zwischen Erfolg und toxischer Wirkung

Alpha-Leader sind, nüchtern betrachtet, ein zweischneidiges Schwert. Ihre unbestrittenen Stärken – Durchsetzungskraft, Leistungswille, strategischer Fokus – sind für Unternehmen essenziell. Doch diese Stärken neigen zur Übersteuerung. Dann kippt Mut in Rücksichtslosigkeit, Analyse in Rechthaberei, Ergebnisorientierung in destruktiven Druck.

Entscheidend ist: Viele dieser Alphas sind vom inneren Skript des „Gewinnen-Müssens“ geprägt. Sie handeln im Autopilot – neurologisch unterstützt durch ein Testosteron-getriebenes Belohnungssystem, das „Sieg“ zur Droge macht. Aus Gewohnheit wird Identität, aus Führungsstärke ein narzisstisches Validierungssystem. Wie Carol Dweck es nennt: eine Welt „sinnfreier Selbstbestätigung“.

Wenn Top-Teams in toxische Dynamiken kippen

Das Resultat: toxische Dynamiken in den oberen Führungsetagen. Nicht etwa trotz hoher individueller Kompetenz, sondern gerade deshalb. Im Top-Team treffen Alpha-Egos aufeinander – und was für den Einzelnen Karrierehebel war, wird im Kollektiv zur Falle. Das nennen wir das Top-Team-Paradox: individuelle Stärke erzeugt kollektive Schwäche.

In Matrixorganisationen – also der grossen Mehrheit von Unternehmen – wird das zum strategischen Risiko. Denn diese modernen Strukturen verlangen Kooperation auf Augenhöhe, Vertrauen auf Vorschuss, Kompromissbereitschaft. Alles Fähigkeiten, die dem dominanzorientierten Alpha-Denken und der toxischen Führung diametral entgegenstehen.

Die Rückkehr der Alphas – oder waren sie nie weg?

Man könnte meinen, die dunklen Alphamanager seien eine wiederaufgeflammte Führungserscheinung der jüngsten Gegenwart. Doch unsere Erfahrungen aus mehr als zwei Jahrzehnten Executive Coaching zeigen: Sie waren nie wirklich weg. Sie hatten sich nur kurz ins ideologische Abseits verabschiedet, während Servant Leadership und Psychologische Sicherheit en vogue waren. Jetzt sehen sie ihre Stunde gekommen.

Rollenvorbilder wie Trump und Musk wirken wie Katalysatoren für Alphaverhalten und toxische Führung: Sie verschieben das, was als akzeptabel gilt. Und sie bieten eine vermeintliche Erfolgslogik, die auf reiner Ergebnisorientierung basiert – das WIE spielt keine Rolle mehr. Besonders besorgniserregend: Diese Persönlichkeitszüge von Alphamanagern werden systemisch belohnt. Der Aufstieg solcher Profile ist statistisch belegt – ebenso wie ihre zerstörerischen Langzeitfolgen.

Das Paradoxe: Je moderner, transparenter und kooperativer ein Unternehmen strukturiert ist, desto stärker leidet es unter dominanten Alphas, die sich selbst zur Regel erklären.

Drei Strategien gegen toxische Führung

Wie also umgehen mit diesen „neuen alten“ Alphas? Drei Optionen stehen zur Wahl – jede mit eigenen Vor- und Nebenwirkungen:

1. Akzeptieren – Mitspielen im toxischen Spiel?

Sich anpassen, mitspielen, sich selbst dabei verlieren. Diese Strategie verspricht kurzfristigen Erfolg, ist aber langfristig toxisch – für die Organisation und die eigene Integrität. Wer nur noch in den Modus des Machterhalts geht, verlernt zu führen. Das ist Selbstverleugnung im Maßanzug.

2. Ignorieren – Haltung mit Risiko?

Die noble Variante: Haltung zeigen, sich dem Alpha-Spiel verweigern. Diese Strategie verdient Respekt, verlangt jedoch innere Klarheit, emotionale Resilienz – und ein hohes Maß an Frustrationstoleranz. Viele unserer Klienten erleben dabei Vereinsamung und die Gefahr des Burnouts.

3. Adaptieren – Souverän mit System!

Der strategische Mittelweg: Nicht zum Alpha mutieren, aber die Regeln des Spiels kennen – und situativ nutzen. Dominanz zeigen, wenn nötig. Rückzug, wenn klüger. Diese „flexible Response“ ist die anspruchsvollste Strategie – aber auch die wirksamste. Sie verlangt emotionale Intelligenz, Selbstbeobachtung und eine bewusste Trennung von Identität und Verhalten.

Die Kunst der Alpha-Kontaktpflege

Die dunklen Alphas sind keine vorübergehende Episode. Sie sind Teil unserer Führungskultur – mal sichtbarer, mal verdeckter. Wer ihnen nur mit Moral kommt, wird scheitern. Wer sie nur kopiert, verliert sich selbst. Es braucht eine dritte Haltung: bewusst, reflektiert, wirksam. Mit einem klaren inneren Kompass – und der Fähigkeit, auch mal den Alpha-Code zu knacken.

Denn wie unser Lehrer und Mentor Manfred Kets de Vries sagt: Leadership ist letztlich immer auch ein psychologisches Drama. Die Frage ist nur – sind Sie Regisseur, Zuschauer oder Statist?

Drei Reflexionsfragen für Ihre Führungsarbeit

  1. Wo in meinem Führungsteam zeigen sich erste Anzeichen des „Alpha-Spiels“ – und wie bewusst spreche ich sie an?
  2. Welche meiner eigenen Führungsmuster könnten unbewusst von Alpha-Denken geprägt sein – und was will ich davon behalten oder verändern?
  3. In welchen Situationen würde es meiner Wirksamkeit dienen, temporär Alpha-Kompetenz zu zeigen – ohne meine Werte zu kompromittieren?

Wenn Sie tiefer eintauchen wollen in das Thema „toxische Führung“, hören Sie doch mal in unsere Podcast-Folge zu diesem Thema rein: „Trump und die dunklen Alphas – Are they back?!“

Und wenn Sie wissen wollen, welche 7 Regeln im Umgang mit Alphamanagern erfolgsentscheidend sind, wird diese Podcast-Folge Ihnen weiterhelfen: Die 7 Regeln der Macht, um unter Alphas erfolgreich zu sein!“.

Ihre
Anke Houben & Kai Dierke

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