Denkroutinen sind hilfreich, wenn sich die Welt um Sie herum in der immer gleichen Weise dreht. Wenn Sie sicher sein können, dass das, was Sie erwarten, auch eintrifft. Wenn Sie die Erfahrungen, die Sie gestern gemacht haben, ganz einfach auf heute und morgen übertragen können. Spätestens Corona und der Angriffskrieg in der Ukraine haben gezeigt, dass genau diese Kontinuität so nicht mehr besteht. Und eine Führung, die sich auf Denkroutinen verlässt, der neuen Situation nicht mehr gewachsen sein kann.
Deshalb plädieren wir schon lange dafür, dass Führungskräfte sich in ihrer Führung weiterentwickeln – indem sie ihre Denkroutinen erkennen, aufbrechen und verändern. Doch nicht immer stoßen wir dabei auf offene Ohren. Aus nachvollziehbaren Gründen.
Denkroutinen in der Führung sind kein Schicksal.
Arbeit an sich selbst – Selbstentwicklung – ist anstrengend und ruft jede Menge Abwehrstrategien auf den Plan. Der folgende Satz gehört zum Standardrepertoire der verbreiteten Verteidigungshaltung: „You can’t teach an old dog new tricks.“ Wir hören ihn oft von Klienten, denen wir raten, sich auf den Weg zur Entwicklung einer neuen Haltung und neuen Verhaltensweisen zu machen
Diese Redewendung ist schon in Bezug auf Hunde falsch – das können wir Ihnen als Hundebesitzer versichern. In Bezug auf Menschen aber, also auch auf Führungskräfte, ist sie grundfalsch – das können wir Ihnen aus unserer langen Erfahrung in der Arbeit mit Managern versichern.
Auch die Neurowissenschaften liefern schon seit Jahren eindeutige Beweise: Eine der wichtigsten Charakteristika des menschlichen Gehirns ist die Neuroplastizität. Das menschliche Gehirn ist – vereinfacht gesagt – fähig, als Reaktion auf eine sich verändernde Umwelt permanent neue neuronale Verbindungen zu knüpfen. Es ist als adaptives Organ zu außerordentlichen Anpassungsleistungen fähig. Und es kann bis ins hohe Alter lernen. Wenn auch nur unter bestimmten Bedingungen …
Denkroutinen in der Führung sind veränderbar.
Wenn Sie über lange Zeit Denk- und Verhaltensroutinen entwickelt haben, sind diese Routinen wie Autobahnen in Ihrem Gehirn – so hat es der Hirnforscher Gerald Hüther sehr anschaulich beschrieben. Sie kommen auf Bahnen schnell, komfortabel und mühelos voran. Neue Denkweisen, neue neuronale Verschaltungsmuster sind demgegenüber eher wie schmale Trampelpfade, die Sie erst langsam und vorsichtig ins Dickicht Ihres Gehirns „hineintrampeln“ müssen.
Wenn Sie aber regelmäßig neue Denkroutinen trainieren, wird Ihr Gehirn mit seiner Neuroplastizität Ihr mächtigster Verbündeter. Die beste Voraussetzung dafür, dass Sie neue Verschaltungen aufbauen können. Und damit fangen Sie am besten heute an. Denn die Weisheit, die für das Baumpflanzen gilt, gilt auch für das Training des Gehirns: Der beste Zeitpunkt war vor zwanzig Jahren. Der zweitbeste Zeitpunkt ist: jetzt!
Und die einzige wirkliche Entscheidung, die Sie dafür treffen müssen, ist: Wollen Sie sich als Lernender oder als Nicht-Lernender begreifen? Als „Being“ oder als „Becoming“?
Are you a „Being“ or a „Becoming“?
Als „Being“ sagen Sie sich: „Ich bin eine bestimmte Art Mensch mit bestimmten, feststehenden Qualitäten und Stärken. Damit arbeite ich, die setze ich in vollem Maße ein. Und meine Erfolge beweisen mir, dass ich damit gut fahre.“ Sie gehen also davon aus, dass es nichts gibt, was es für Sie noch zu lernen gäbe – in dem, was Sie sind und tun, sind Sie Profi, Ihr Wissen ist komplett. Darin liegt der Ursprung Ihres Selbstwertgefühls – Unsicherheit oder Fehler bedeuten für Sie persönliches Scheitern. Situationen, in denen ein Scheitern droht, gehen Sie instinktiv aus dem Weg.
Als „Becoming“ haben Sie eine ganz andere Interpretation Ihrer Selbst: „Ich kann alles und jedes lernen. Mit genügend Anstrengung kann ich mich über mich hinaus entwickeln.“ Sie begreifen sich als permanent Lernender. Sie ziehen Ihre Energie aus der Anstrengung, die mit Ihrer Weiterentwicklung verbunden ist. Und je größer die Herausforderung, umso größer die Energie und der Wille, an ihr zu wachsen. Die Gefahr des Scheiterns ist real – Sie setzen sich ja hohe Ziele. Aber Sie betrachten Scheitern als eine Möglichkeit, weiter zu lernen und daran zu wachsen.
Wie jeder Mensch, haben auch Sie eine Prädisposition zu einem dieser beiden Mindsets oder Denkweisen. Sie basieren auf Ihrer Erziehung, Ihren Erfahrungen und auch Ihrer aktuellen Verfassung. Aber Sie können sich aktiv für eine der beiden entscheiden.
Ihr wichtigster erster Schritt aber ist, dass Sie erkennen, dear old dog, wie Ihre Denkweise Ihr eigenes Entwicklungspotenzial einengt oder erweitert.