Angst in Führung und Organisation - DierkeHouben
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Angst in der Führung und Angst in der Organisation

Eines haben wir in unseren zwanzig Jahren Arbeit mit Top-Managern immer wieder gesehen: Manager, die tief verwurzelte Ängste haben – Angst vor Scheitern, Angst vor Ansehensverlust, Angst vor Misserfolg –, führen ihre Mannschaft oft in einer Weise, die ihrerseits eine Angstkultur schafft. Der implizite Verhaltenskodex lautet: bloß nicht den Chef verärgern und ja keinen Fehler machen, um nicht Position und Anerkennung zu verlieren. 

Die Folgen sind für die Organisation verheerend: Aus Angst, Risiken einzugehen, wird Verantwortung vermieden, Probleme werden nicht angesprochen und permanent nach oben delegiert. 

Hinter vorgehaltener Hand wird zwar über das Leiden gesprochen, aber keiner traut sich offen zu sagen, „der Kaiser hat keine Kleider an“. Die Abwärtsspirale der Demotivation ist vorprogrammiert. 

Doch der Mechanismus wird von diesen Top-Managern nicht erkannt. Im Gegenteil …

Angst in der Führung als Instrument

Viele dieser Manager glauben bewusst oder unbewusst an die Macht der Angst, um zu motivieren. Sie gehen davon aus, dass Menschen nur dann hart arbeiten, wenn sie unter Druck stehen oder ihnen unangenehme Konsequenzen drohen. 

Aber für Aufgaben, bei denen Zusammenarbeit, Innovation und Lernen gefragt sind – also bei fast allen Aufgaben heute –, ist Angst nicht nur kein wirksamer Motivator: Die neurowissenschaftliche Forschung hat eindrucksvoll gezeigt, dass Angst sogar kontraproduktiv wirkt. Die so aktivierte Amygdala, das „Angstzentrum des menschlichen Gehirns“, hemmt das Lernen und erschwert, analytisch zu denken, kreativ zu experimentieren und Probleme gemeinsam zu lösen. 

Wer mit Angst als Mittel der Führung operiert, darf maximal Gehorsam, aber keine maximalen Teamleistungen erwarten.

Das Gegenmodell zur Angst-Kultur ist eine „Kultur der Psychologischen Sicherheit“.

Der Schatten des Führers

In einer Kultur der Psychologischen Sicherheit kann jeder offen seine Meinung sagen, Fehler zugeben und Fragen stellen, ohne Angst haben zu müssen, bestraft oder vor anderen herabgewürdigt zu werden. In einer Kultur der Psychologischen Sicherheit ist Offenheit nicht nur erlaubt – sie wird erwartet. 

Die Kernfrage an eine Organisation ist deshalb: Ist dies ein Ort, an dem neue Ideen willkommen sind und Lernen möglich ist? Oder aber ein Ort, an dem jeder befürchten muss, für seinen Beitrag auseinandergenommen oder gar lächerlich gemacht zu werden? 

Und Sie können diese Fragen eins zu eins an die Führungsspitze richten: ‚Sind dir andere Perspektiven als deine eigene willkommen oder zählt nur deine Ansicht, weil sie in jedem Fall die richtige sein muss und alle Einwände einen Angriff auf deine Person darstellen?‘

Denn ob sie es wollen oder nicht: Top-Manager werfen mit ihrem Verhalten einen Schatten in ihre Teams und in ihre gesamte Organisation – einen „Shadow of the Leader”. Vor allem in Krisen.

Sie wirken nachhaltiger als Sie denken!

Gerade in komplexen Situationen beobachten und interpretieren Führungskräfte und Mitarbeiter aufmerksam das ganz alltägliche Verhalten der Manager an der Spitze. Und richten sich in ihrem eigenen Verhalten danach aus. 

Das müssen sich Führer, die verantwortungsvoll handeln wollen, klarmachen: Sie prägen mit ihrem Handeln durch alle Führungsebenen hindurch die Menschen in ihrer Organisation. 

Das ist das Paradoxe am Angst-Mythos, den wir auch in unserem Buch „Die 7 Mythen der Führung“ ausführlich geschildert haben: Er lässt Sie glauben, dass es Schwäche bedeutet, wenn Sie als Führungskraft anerkennen, dass Sie Angst haben. Doch das Gegenteil ist der Fall: Wenn Sie Ihre tieferliegenden Ängste leugnen und nicht anerkennen, schwächt das Ihre Führungsarbeit. Und nicht nur das: Es schwächt auch Ihre Organisation, denn der Schatten Ihres Verhaltens wirkt stärker als Sie es vielleicht wahrhaben wollen – im Guten wie im Bösen.

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